Nicht die Mama – wenn Männer nicht stillen können

Wenn das Baby auf der Welt ist, kommt es zu einem ersten eklatanten Missverständnis zwischen Mann und Frau. Das Baby möchte in erster Linie die Brust – und das am liebsten rund um die Uhr, mal im Dreistunden-Takt, mal alle 20 Minuten, tags wie nachts. Es will Milch, es will gestillt werden, es will diesen Körperkontakt und diese Nähe zur Mamabrust, die es nur dort gibt, bei der Frau und eben nicht beim Papa. Und das macht bei ihm was? Eifersüchtig, gekränkt, verärgert. Der Mann, in dem Irrglauben, er könnte sich gleichwertig um das Baby kümmern, fühlt sich zurückgesetzt und findet es mehr als scheiße, dass er in den ersten Monaten eine ganz andere Aufgabe hat – nämlich die Frau betüdeln. „Ich bin doch nur Dein Lackaffe! Ständig soll ich Dir Wasser bringen, ein Brot schmieren, ein Tuch reichen, das Fenster aufmachen oder Dir ein Malzbier ans Bett stellen. Du kommandierst mich nur rum!“

Frustriert darüber, Nicht-die-Mama zu sein und auch nicht gleichwertig das Baby beruhigen und eben stillen zu können, gibt ihm schnell das Gefühl, nicht gleichberechtigt an der Kinderbetreuung teilhaben zu können und vor allem: nicht dasselbe leisten zu können, was die Mutter imstande ist zu leisten. Aus rein biologischen Gründen. Viele Männer fühlen sich verarscht, in ihrer Rolle als Vater gestört, weniger potent, mächtig und fähig, sich in den ersten Monaten als vollwertige Bezugsperson um das Baby kümmern zu können, es vor allem beruhigen zu können. Denn das ist eine Fähigkeit, die der Vater zwar auch hat, aber eben nicht in der Zeit, in der es noch vornehmlich um die Brust geht. Aber in den ersten Monaten, im ersten Jahr ist es halt nunmal das, was das Baby verlangt – wird es nicht mit der Flasche großgezogen. Eine Kränkung, die viele Männer nicht verkraften. Es kommt zu einem Kompetenzgerangel zwischen den Eltern. Manche Männer gehen so weit, dass sie sich komplett zurückziehen und jede Hilfe verweigern. „Du willst nicht, dass ich das Kind im Arm schaukle, sondern Dir nur wieder etwas zu Essen koche, ich habe keinen Bock mehr! Mach Deinen Scheiß alleine! Sie zu wie Du klarkommst!“

Dabei ist in den ersten Monaten einfach mal eine ganz andere Aufgabenteilung gefragt ist. Mann kümmert sich um Frau, Frau kümmert sich um Kind. Die Mutter kann vom Stillen sehr schnell ausgelaugt sein, sowohl körperlich als auch psychisch. Es ist ein Vollzeitjob. Sie hat beim Stillen oft wahnsinnigen Durst, Hunger folgt auf dem Fuß. Damit sie ausreichend Milch produzieren kann, braucht sie genug nährstoffreiche Nahrung und zu trinken. Und, sie braucht ein Umfeld, das zu ihr steht, sie unterstützt und sie nicht mit Befindlichkeiten stresst oder mit ihr jede Minute einen Streit vom Zaun bricht. Stillen braucht Ruhe und Muse. Bei Stress kann sich der Milchspendereflex verzögern, während das Kind schon schreiend an der Brust hängt und erst Minuten später die so wichtige Nahrung fließt oder er kann im schlimmsten Fall ganz ausfallen, und die Quelle versiegt mehr und mehr. Ein Horror und vor allem sehr trauriger Prozess für Mutter und Kind, wenn so etwas passiert, weil sie von Menschen umgeben ist, die ihr das Leben zur Hölle machen, statt sie liebevoll zu unterstützen.

Wir können der Biologie eben nicht komplett ein Schnippchen schlagen. Es hat seinen Sinn, dass Kinder die erste Zeit an der Brust hängen und Frauen auch einfach erst einmal Mutter sein dürfen, in Ruhe, ohne Zeitdruck und ohne Gezeter. Unterstützt Frauen in der Zeit so gut ihr könnt – ob Mann, Freund:innen, Nachbar:innen, Kolleg:innen. Lasst ihr Zeit und Raum, bringt Essen vorbei, wascht die Wäsche, geht einkaufen, versorgt sie, so gut ihr könnt, DAMIT SIE IHR KIND VERSORGEN KANN. Und Männer – es kommen auch andere Zeiten, dann seid ihr mehr gefragt denn je – nicht mehr so sehr als „Diener“ Eurer Frauen, sondern als Papa, voll und ganz.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert