Hallo ich bin die wütende Mutter

Hallo, ich bin eine AYMie, eine Angry Young Mother. Und ich weiß, ich bin nicht allein. Viele wütende Mütter sind da draußen – das hoffe ich doch. Wütend darüber, dass sie selbst nur die Hälfte verdienen können, seit die Kinder da sind, wütend darüber, dass an ihnen die ganze Betreuungs- und Haushaltsarbeit hängen bleibt, wütend darüber, dass die sich die Nächte allein um die Ohren schlagen müssen, wütend darüber, dass sie immer mit krankem Kind zuhause bleiben müssen, wütend darüber, dass sie alleinerziehend sind. Und dass ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem, was einen irgendwann aus der Haut fahren lässt.

Wütende Frauen, das ist der Graus der Menschheit. Niemand möchte Frauen wütend sehen und schon gar nicht Mütter. Mütter sollen glücklich sein und all den Scheiß mit einem Lächeln ertragen, weil sie ihre Kinder über alles lieben und daher bereit sind, auch dann noch Stiefel zu lecken, wenn ihnen schon der Rücken gebrochen wurde. Ist das nicht ein seltsames Bild, das wir von Müttern haben? Wollen wir wirklich ausgelaugte, finanziell benachteiligte, sozial niedriger gestellte Menschen, die unsere Kinder erziehen? Wollen wir solche Bezugspersonen für unsere Schützlinge? Warum Wut? Weil Wut gut ist.

Sie ist ein Antreiber, sie ist gesund und zeigt uns deutlich auf, wenn etwas gehörig schief läuft. Sie wird immer größer je weniger wir bereit sind, den Status quo hinzunehmen, je mehr unsere Grenzen überschritten werden, je mehr auf uns herumgetrampelt wird, je weniger wir uns respektiert fühlen, je mehr wir Ungerechtigkeit empfinden. Wut befähigt uns, endlich den Mund aufzumachen, unsere Meinung zu sagen, auf den Tisch zu hauen und eine klare Ansage zu machen – sie gibt uns den Mut, jemanden in seine Schranken zu verweisen, von uns zu stoßen und auf Abstand zu halten, wenn wir bislang immer nur das liebe Mädchen waren, das gelernt hat, dass Wut und Aggression sich für Mädchen nicht schickt. Manchmal schießen wir in solchen Momenten übers Ziel hinaus. Aber es ist endlich raus und ein Stein kommt ins Rollen. Warum es so wichtig ist, die Wut gegen die Menschen, Behörden, Politiker und Gesetze zu richten, die einem täglich das Leben zur Hölle machen, ist, weil wir sie nicht gegen unsere Kinder richten wollen. Das hier ist keine Privatveranstaltung. Das hier ist ein riesengroßes politische Problem. Und nur, wenn wir die Umstände endlich ändern, können wir auch endlich die Muttis sein, die sich alle so sehr wünschen.

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