(tut mir leid, ich kenne diese Konstellation nicht)
Unser Familienrecht basiert auf der Annahme, dass böse Mütter ihre Kinder den Vätern wegnehmen, sie finanziell aussaugen wollten und ihre Kinder gegen sie instrumentalisieren würden. In der Realität sieht es allerdings genau gegenteilig aus: Männer laufen davon, belästigen oder bedrohen ihre Exfrauen, hetzen die Kinder gegen sie auf, halten sich nicht an Absprachen, zahlen keinen Unterhalt, feilschen um jede Minute, die sie nicht mit ihren Kindern verbringen müssen oder fordern Zeiten mit den Kindern ein, nur, um sie an Oma und Opa abzuschieben, oder sie verschwinden komplett aus dem Leben ihrer Kinder. Ich kann spontan zehn Alleinerziehende aufzählen, die in meinem Freundeskreis sind, die so ganz und gar nicht dem Klischeebild der bösen Mutter entsprechen, welche dem Vater die Kinder entzieht (siehe unten).
Ich selbst wurde direkt nach der Geburt mit diesen Unterstellungen konfrontiert. Der Kindsvater war weg, ich am Ende meiner Kräfte, da beschloss ich, für einige Wochen zu meinen Eltern zu fahren, damit wir dort die Versorgung und Unterstützung bekommen, die nötig ist, um zwei Babys gleichzeitig stillen, wickeln, an- und ausziehen, tragen, und zum Schlafen bringen zu können, ohne selbst dabei drauf zu gehen. „Entziehen Sie dem Vater nicht seine Kinder!“ warf mir eine Coaching-Frau direkt zu. Bitte was? Er hat sich aus dem Staub gemacht und ich soll noch brav allein in der Wohnung bleiben, völlig entkräftet und ohne jegliche Hilfe, nur, damit er einmal pro Woche für eine Stunde mit seinen Kindern Duziduzi machen kann? Geht’s noch? „Lass dich bloß nicht provozieren, halte die Füße still und sei einfach weiterhin ganz freundlich,“ warfen mir Familienmitglieder zu. „Mach dein eigenes Ding und vergiss ihn,“ rieten andere. Äh, ja klar. Klappe halten und immer brav lächeln. Oder aber auf jegliche Hilfe verzichten? Die meisten Frauen halten sich tatsächlich an die erste Regel und bleiben sehr, sehr angepasst, weil nämlich zweites nicht funktioniert. Ihn einfach ziehen lassen und so tun, als hätte es ihn nie gegeben. Dieser Mann ist verdammt noch mal der Vater der Kinder und die meisten Mütter wollen, dass er Teil der Familie ist. Nicht, weil sie an einem kranken Ideal der harmonischen Kleinfamilie festhalten wollen, sondern, weil er einfach mal die komplette andere Hälfte der Verantwortung hat, tatsächlich der Vater der Kinder ist, die Kinder ein Recht auf ihn haben und seine aktive und finanzielle Unterstützung bitte nötig sind.
Die meisten Frauen strampeln sich jahrelang ab, um diesen Vater teilhaben zu lassen. Egal, mit wem ich sprach, immer wieder vermuteten Leute, es hätte bei uns ein Rosenkrieg gegeben, wir beide hätten uns bestimmt immer nur in den Haaren gehabt, ich hätte sicherlich auch einen nicht unbedeutenden Anteil an dem ganzen und irgendetwas getan, dass er fliehen musste. Immer wieder wurde gefragt, ob er die Kinder sehen DARF, ob er ein gutes Verhältnis zu den Kindern aufbauen konnte. Meine Güte! Das sollte alles nicht mein Problem als Mutter sein. Aber ich werde permanent für das Verhältnis des Vaters zu seinen Kindern verantwortlich gemacht. Die Realität sieht meist so aus – Väter fühlen sich nicht in der Verantwortung, sie nehmen einfach Reißaus, sie wollen sich nicht in ihrer Freiheit einschränken lassen, bekommen Panik, verschwinden in ihrer Arbeit, im Sport, Feiern, Vereinsleben oder allem, was außerhalb der eigenen Familie stattfindet. Sie sind nicht da! Und sie wollen es auch nicht. Punkt. So, und nun zehn Beispiele von Frauen aus meinem Freundinnenkreis, die alle so gar nicht dem Klischee der bösen Ex entsprechen. Und P.S.: ja, ich kenne eine Mutter aus meiner eigenen Schulzeit, die weggelaufen ist. Und ich kenne eine Mutter einer Arbeitskollegin, die weggelaufen ist. Und ich kenne den Nachbarn einer Freundin, dessen Frau weggelaufen ist. Aber sie sind eben nicht die Regel. So, hier nun die gängigen Geschichten, die ich zu Hunderten erzählen könnte.
Marike: hat eine erwachsene Tochter, die sie von Anfang an allein großziehen musste. Der Mann ist sofort vor der Verantwortung geflohen. Sie musste auf dem Amt für Unterhalt kämpfen und trat sogar in den Sitzstreik, als man ihr Hilfe verwehren wollte. Der Vater hat die Tochter kaum gesehen. Bei der Kommunion verließ er nach wenigen Minuten wieder die Feier, ohne sich zu verabschieden. Marike schrieb ihm und seinen Eltern immer wieder freundliche Postkarten mit Fotos ihrer Tochter, wollte den Kontakt zu allen herstellen. Sie bekam nie eine Reaktion. Heute verweigert der Vater der Tochter Geld fürs Studium.
Palina: Sie hat einen Sohn mit einem Mann, der schon kurz nach der Geburt des Kindes davonlief. Er zog zu seinen Eltern und aus dem Leben seines Kindes zurück. Palina hatte anfangs noch Verständnis für seine Ängste und der Überforderung, Vater zu sein. Sie lud ihn immer wieder zu sich ein. Wenn er zu Besuch kam, lächelten alle freundliche in die Kamera und sie schickte uns die Bilder mit der Unterschrift, dass sie trotzdem dankbar für jede Minute ist, die er mit seinem Sohn verbringt. Sie ist ein so bewusst lebender Mensch, der mit allem Frieden schließen kann, obwohl ihr gerade Heftiges widerfahren ist. Mittlerweile lässt sich der Kindsvater kaum noch blicken, da sie ein weiteres Kind mit einem neuen Mann hat. Sein gekränktes Ego ist so groß, dass er sich nicht einmal für seinen Sohn öffnen und Zeit mit ihm verbringen kann, da er die Mutter so sehr hasst.
Raja: Sie hat ebenfalls mit einem Mann einen Sohn, der in der Anfangszeit lieber feiern ging und sich die Nächte in Clubs um die Ohren schlug, als sich um sein Kind zu kümmern. Treffen mit dem Kleinen hielt er nicht ein oder er kam zu spät oder blieb nur für ein paar Minuten. Pflichtgefühle gegenüber seines Sohnes als Vater stellten sich nicht ein. Bis heute nicht. Als auch sie ein weiteres Kind mit einem neuen Mann hatte, verschwand auch er komplett aus dem Leben der kleinen Familie.
Fiona: Sie trennte sich nach einem Jahr von ihrem Mann, weil sie nur noch stritten und sie ihren Sohn so nicht aufwachsen sehen wollte. Sie zog in eine kleine Wohnung am Rande der Stadt, um sich in Sicherheit zu bringen. Ihr Ex selbst kann es bis heute nicht glauben, dass sie nicht mehr mit ihm zusammen sein will, willigt daher nicht in die Scheidung ein und möchte, dass sie in eine Wohnung zieht, die er sogar bezahlen würde. Er kann sie nicht in Ruhe lassen, belästigt sie permanent mit Nachrichten, willigt nicht in ihre Schulentscheidung ein und hält sich nicht an Absprachen. Ist der Sohn bei ihm, bekommt er kaum Schlaf und kommt dann völlig übermüdet, aufgekratzt und häufig krank zur Mutter zurück.
Madita: sie hat die ersten zwei Jahre mit ihren beiden Kindern allein verbracht, einer Tochter und einem Sohn, die beide ein Jahr auseinder sind. Dann zogen der Kindsvater und sie noch einmal zusammen, mehr aus praktischen Gründen und weniger, weil sie sich gegenseitig so anziehend fanden. Das ging nach kurzer Zeit nach hinten los. Als sie den Psychoterror und die emotionale Gewalt durch ihn nicht mehr aushielt, floh sie mit ihren Kindern, nachdem sie ihn über ihr Vorhaben sogar mehrfach informiert hatte. Jetzt ist sie in Sicherheit, kümmert sich stetig und dem guten Kontakt der Kinder mit dem Vater. Dieser terrorisiert sie aber weiterhin mit Nachrichten, hält sich nicht an Absprachen, hat einen Gerichtsverfahren angezettelt und für sich Rechte vor Gericht erstritten, obwohl er sich jahrelang nicht um die Kinder gekümmert hat. Meine Freundin sieht seitdem ihre Kinder kaum noch, obwohl sie diejenige war, die selbst in der gemeinsamen Wohnung alleinerziehend war.
Tessa: Als sie sich vom Kindsvater trennte, fingen seine Familie und er selbst an, sie zu bedrohen. Sie wollten ihr das Kind wegnehmen. Irgendwann glätteten sich die Wogen wieder, als der Kindsvater von seiner Kränkung runterkam und er selbst eine neue Freundin hatte. Er fordert viel Zeit mit dem gemeinsamen Sohn ein.
Magdalena: Als ihre Kinder acht und zehn waren, trennte sie sich von ihrem Mann. Sie bekam von ihm nichts. Keinen Unterhalt, keine Unterstützung. Sie kümmerte sich in der Anfangsphase um alles allein und musste dazu natürlich auch weiter arbeiten gehen. Er terrorisierte sie mit Nachrichten, redete schlechte über sie vor den Kindern und wollte nur jedes zweite Wochenende mit ihnen verbringen. Sie hingegen stemmte den Alltag mit ihnen, verlor kein böses Wort über ihn, hüllte sich in Schweigen und hielt sich mit Freunden und einem Hobby über Wasser – Tanzen. Jetzt sind ihre Kinder erwachsen und erkennen, wie ihr Vater wirklich drauf war.
Karin: Ihr Ex sperrte sie ein, demütigte sie und nahm ihr das Handy ab. Als sie sich zusammen mit ihrem kleinen Sohn von ihm trennte, forderte er das geteilte Sorgerecht und das Wechselmodell. Obwohl der Sohn noch ein Baby war und voll gestillt wurde, musste er trotz seines Geschreis zum Vater. Von diesem wurde er bloß an die Großeltern abgeschoben. Der Junge war durch die erzwungenen Umgang und das Wegreißen von der Mutter traumatisiert. Später, als es für beide eigentlich hätte einfacher werden müssen, nahm das Engagement des Vaters nicht zu, sondern sogar ab. Er wollte den Sohn immer nur einen Tag und eine Nacht an jedem zweiten Wochenende bei sich haben, weil er ja „arbeitsfähig“ bleiben und sich von der Arbeit auch mal erholen müsse. Dass die Mutter selbst berufstätig ist, schien nie zu zählen.
Ingrid: Sie trennte sich von ihrem Mann, als die Kinder zwei und vier Jahre alt waren. Sie hielt es nicht mehr aus, dass er sie immer mehr kontrollierte und ihr verbat, ihre Freunde und sogar die eigene Mutter zu sehen. Als gekränkter Mann, der verlassen wurde, verweigerte er Ingrid jegliche Unterstützung. Sie musste Unterhalt einklagen und immer wieder darum kämpfen, dass er auch mal unter der Woche oder an einem Wochenende die Kinder nimmt. Die Kinder selbst wünschen sich den Umgang mit dem Vater. Aber dieser kann sie nicht an feste Absprachen halten. Bis heute sagt er kurzfristig ab und kann keine verbindlichen oder regelmäßigen Termine einhalten. Sie hat es aufgegeben, ihn für mehr Zeit mit seinen Kindern zu begeistern. Sie lässt ihn gewähren. Alles andere kostet sie zu viel Kraft.
Kathinka: Ihr Kind entstand bei einem One-Night-Stand. Der Vater des Kindes ist Alkoholiker und gewalttätig. Er hat bereits Kinder mit anderen Frauen. Sie hat das alleinige Sorgerecht. Immerhin hat er die Vaterschaft anerkannt. Von ihm hat sie aber nie Geld gesehen. Bis heute bekommt sie Unterhaltsvorschuss vom Amt, was so viel weniger ist, als der eigentliche Unterhalt vom Vater.